Februar 2004, Manfred Filsinger zu
‚Landschaften sind ein flüchtiges Gut‘

Rainer Janssen kommt von der Landschaft nicht mehr los. Er stellt in dieser ausstellung erneut unter Beweis, wie vielseitig seine Malerei ist, wie kreativ er arbeitet und wie gern er mit anderen Techniken und Farben experimentiert. Rainer Janssen findet immer wieder neue und verblüffende Realitäten bei seiner künstlerischen Arbeit. Und gleichzeitig findet er immer mehr seinen eigenen Weg.

Nach wie vor ist es die Flüchtigkeit von Landschaft, die Rainer Janssen fesselt, eine Flüchtigkeit, die objektiv durch das Verbrauchen von Kulturlandschaft gegeben ist. In diesem Sinne ist Landschaft ein Verbrauchsgut. Andererseits ergibt sich die Flüchtigkeit, auf der subjektiven Ebene, durch die Geschwindigkeit moderner Mobilität. Wir nehmen uns zu selten die Zeit, unseren Blick schweifen und verweilen zu lassen – wir durchrasen nur und durchblicken nicht. Somit wird Landschaft zum kostbaren Gut.

Für Rainer Janssen sind diese Erfahrungen von Beginn an ein entscheidender Impuls für seine Malerei gewesen.

Allerdings ist aus einem Vorbeihuschen nun auch ein Vorbeifließen geworden, das sich aus dem Einsatz von Leinöl und Farbpigmenten ergibt. Die scharf geschnittenen Ränder des schnell trocknenden Acryls sind in neueren Bildern den weichen Übergängen des Öls gewichen. Die neue Technik erlaubt eine neue Komposition der Dimensionen Raum, Farbe und Licht. Schwamm und Lappen verwischen Konturen, Details gehen verloren – analog zur Flüchtigkeit unserer Eindrücke. Die teilweise zerrissene, teilweise gradlinige Kunst der Fläche, die sich erst im Auge des Betrachters zu einer Landschaft zusammen setzt, wird nun auf einer zusätzlichen Ebene wahrgenommen – der Ebene der Stimmung. Rainer Janssen erzeugt keine Stimmungen – sie ergeben sich.

Als Ausgangspunkt eines Bildes wählt er gerne eine Fotografie. Ein weiterer Quell der Inspiration sind eigene Erinnerungen und Impressionen, die ihren Ausdruck in der Wahl der Farbe finden – in den vergangenen Jahren vorzugsweise expressives Blau, aber in jüngster Zeit auch gern warme, erdige Farben, aus denen dann die Form entsteht – ohne zeichnerische Elemente. Die Lichtführung ergibt schließlich die Stimmung, durch die sich gleichzeitig der Eindruck verstärkt, eine Landschaft vor Augen zu haben. Die Illusion von Räumlichkeit und Tiefe ist erhöht. Eine Richtung, aus der das Licht käme, ist nicht auszumachen. Dennoch gibt es Punkte oder Flächen, die Licht reflektieren, oder auch verschlucken. Dabei bleibt das Licht diffus, wie durch Gewitterwolken gefiltert. Gegenständliches verschwimmt ins Unkonkrete und appelliert an unser Gefühl – eine fast schon lyrische Stille erfasst den Betrachter. Bildgrenzen sind nicht mehr als Rahmen für ein geschlossenes System, sondern als Ausschnitt eines unbegrenzten Naturraums gemeint. Rainer Janssen beginnt zu malen, folgt der Eigendynamik einer Komposition, erst am Ende wird das eigentliche Format gesucht – und ausgeschnitten. Nur der Keilrahmen vermag einen klaren Anfang und ein klares Ende zu setzen. Abschließend bleibt zu betonen: Rainer Janssens Bilder sind vor allem das Resultat eines landschaftlichen Empfindens – für dieses flüchtige Gut. Wir freuen uns auf mehr.